Mann, 45
Eine Chance bekommen!
Meine Träume? Vor 20 Jahren hatte ich noch viele Träume. Seitdem sind sie immer weniger geworden. Ich bin seit 18 Jahren in Deutschland und lebe immer noch den Zustand der Duldung, der immer wieder verlängert wird. Ich habe ein paar kleine Ordnungswidrigkeiten begangen, und schon wird man abgestempelt und hat seinen Aufkleber, man rutscht in einen Teufelskreis, aus dem man nicht mehr herauskommt.
Mein größter Traum wäre eine Aufenthaltsgenehmigung und eine Arbeitserlaubnis. Ich bin ein kräftiger Mann, 1,90 m groß, 90 kg schwer – ich will arbeiten! Seit 18 Jahren kämpfe ich darum. Warum bekomme ich keine Chance?
Fünf Jahre lang habe ich nur Gutscheine für Essen bekommen. Können Sie sich vorstellen, wie entwürdigend das ist, wenn man im Supermarkt an der Kasse steht, seinen Gutschein abgibt und die Kassiererin nichts damit anfangen kann, weil sie es nicht kennt? Dann muss erst mal der Geschäftsführer kommen, alle Leute schauen einen komisch an, es ist einfach entwürdigend und ich wollte am liebsten im Boden versinken. Das gleiche ist es beim Arzt, wo die Sprehstundenhilfe nichts mit dem Gutschein anzufangen weiß. Ich habe ja keine Karte von irgendeiner Krankenkasse. Das ist einfach stigmatisierend.
Inzwischen kriege ich 166 EUR im Monat. Ich will aber für mein Geld arbeiten!
Ich lebe in einem Wohnheim mit 20 anderen Männern. Aber ich bin der einzige, der diesen Status hat, die anderen sind alle Deutsche mit Suchtproblemen, Obdachlose. Das ist nicht das Leben, das ich mir vorstelle. Mir fehlt das Verständnis dafür, wenn ich sehe, wie schnell während der Flüchtlingskrise die Leute hier Aufenthaltsrecht bekamen, wie schnell sie Wohnung und Arbeitsstelle fanden. Warum ich nicht? Ich spreche vier Spachen, Französich, Arabisch, Englisch und Deutsch [im Übrigen hervorragend, Anmerkung UTB], ich brauche nicht mal eine Schulung.
Ich muss dauernd damit rechnen, ausgewiesen zu werden, ich kann hier seit 18 Jahren nicht ankommen. Warum? Wenn ich das den Leuten hier erzähle, glaubt mir niemand, wie das in diesem Land möglich ist. Ich zeige Ihnen hier meinen Duldungsausweis. Außer der Polizei habe ich den noch niemandem sonst gezeigt.
In Marokko, wo ich herkomme, habe ich keine Familie mehr. Deshalb kann ich auch meine Herkunft nicht mit Papieren nachweisen. Ich bin in Deutschland gestrandet.
Das ist alles so entwürdigend. Ich komme mir vor wie ein Parasit.
Vielleicht ändert sich mit der neuen Regierung mal was. Viel Hoffnung habe ich allerdings nicht. Vielen Dank aber, dass ich mal mit jemand Vernünftigem reden konnte.
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